| Nach der, wie ich es nennen möchte, Generalprobe der Band "Zabranjeno Pušenje" und dem Chor der Zagreber Moschee "Arabeske", aus der der Soundtrack für den Film des bosnisch-herzegowinischen Regisseurs Jasmin Durakoviæ "Nafaka" entstand, setzen die Rockband und die jungen Frauen mit den göttlichen Stimmen für himmlische Lieder nun die Erkundung dessen fort, was nur absolute Ignoranten oder Unmenschen für unvereinbar befinden können.
Mit Vorurteilen haben immer diejenigen das größere Problem, die nach ihnen urteilen, nicht die, die von ihnen betroffen sind. Es Ersteren erklären zu wollen, ist also zwecklos, und Letzeren ist völlig klar, dass ein perfektes Zusammenspiel zwischen Rock 'n' Roll und islamischer Kultur möglich ist, vor allem dann, wenn sie von dort stammen, wo sich Einflüsse miteinander verflechten, Identitäten verschmelzen, und die Traditionen unterschiedlicher Völker einander ähnlicher sind, als oft zugegeben werden will.
Davor Suèiæ, der Begründer der Band "Zabranjeno Pušenje", hat in einige Arrangements für seine Band bereits "Ilahîler" - islamische religiöse Lieder - eingebaut. Die Lieder "Test za džennet" und "Lijepa Alma" vor sowie "Domovina" und "Laku noæ stari" nach der "filmischen" Zusammenarbeit mit dem Chor "Arabeske" scheinen, im Fußballjargon ausgedrückt, ein Krafttraining für "Shaderwan Code" gewesen zu sein - ein Album, das die Folktradition des Westbalkans, die islamische Lyrik der Bosniaken und der bosnischen Muslime, die Idee des Rock 'n' Roll als Musik, die in erster Linie progressiv und unterschiedlichen Einflüssen gegenüber offen ist, aber auch einen klassischen Jazz-Klang, der ohne die Improvisationskunst erstklassiker Musiker nicht vorstellbar ist, in idealer Weise miteinander kombiniert. Ohne die kostbaren Vokalstimmen wäre es natürlich nur bei einer guten Idee geblieben. Mit den jungen Frauen aus dem Chor "Arabeske" aber entstand eine abgerundete Einheit, von der begeistert sein wird, wer gerne den Liedern der Roma-Legende Šaban Bajramoviæ lauscht, die er mit dem Ensemble "Mostar Sevdah Reunion" aufgenommen hat, oder traditionellen bosnischen Sevdalinke von alten Schallplatten, deren Knistern den Genuss der Stimmen großer bosnischer Sänger und Sängerinnen eher noch steigert als stört.
Entgegen dem Konzept, dass bestimmte traditionelle Werte denen vorbehalten sind, die in sie hineingeboren wurden und in ihnen aufgewachsen sind, brachten "Zabranjeno Pušenje" und "Arabeske" eine CD hervor, die außer ihrem musikalischen einen weiteren, weniger politischen als vielmehr (zwischen)menschlichen Wert aufweist, indem sie zeigt, dass Unterschiede nicht nebeneinander existieren müssen, sondern miteinander leben können, weil sie sich gegenseitig ergänzen und - in diesem Fall - einen neuen Klang erschaffen.
Im Diesseits gibt es keine schlimmere Kombination als zu viel Patriotismus - der, wie ihr wisst, letzte Zufluchtsort der Bösewichte - und zu wenig Talent. Die Ilahîler und Kassiden und zum kleineren Teil auch die Sevdalinke wurden eine Zeit lang - ach, was sage ich, jahrelang dauerte das! - zu Opfern derer, die ihren späten nationalen Eifer dadurch nachholten, dass sie diese göttlichen und gottgefälligen Lieder mit ihrer Synthesizer- und Rhythmusmaschinen-Ästhetik kombinierten und die schönen Verse im Namen des Patriotismus durch ihren Primitivismus verunstalteten. Zum Glück befinden wir uns heute in einer Zeit, in der Verbindungen aufgrund von Emotionalität und nicht aus Pflicht heraus entstehen. Diese emotionale Verknüpfung, die mit Floskeln über Brücken zwischen Ost und West absolut nichts zu tun hat - denn Gefühle brauchen keinen Kompass - ist das Band, durch das "Zabranjeno Pušenje" und der Chor "Arabeske" miteinander verbunden sind. Wenn man zum Beispiel dem Lied "Behar" lauscht, bewirkt sie, dass sich etwas in der Brust regt, man sich aber weder selbst, geschweige denn einem anderen erklären kann, was los ist. Man weiß nur, dass jede dieser Regungen weitaus mehr wert ist als wir, wie der Dichter sagt, kleinen Menschen unter dem großen Himmel.
Der große Wert dieser CD liegt - außer in der Tatsache, dass sie Sejo Sexon als Rock 'n' Roll-Dichter und großen Musiker bestätigt und zeigt, dass die Band viel besser ist, als zugegeben werden will, und der Chor der Zagreber Moschee eigentlich eine Gruppe Menschen, deren Gefühle noch nicht gestorben sind - darin, dass sie zeigt, dass das Schöne, woher es auch kommen mag, uns allen gehört. Wohingegen das Hässliche niemand benötigt.
Weder Gott noch das Volk, wie man in Bosnien sagt.
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